INGA KRISTIN RICKERT

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TEXTE von CATINGA RICARD und MARJELL MARIS


Fortsetzung folgt? Oder: Auch Wahnsinn kam zum Kaffee vorbei

Catinga Ricard, 2011


Klebrige Kaugummis kucken keine Krimis. „Ach nein, das geht ja nicht, gucken schreibt sich ja gar nicht mit k...“ Regenwald wild in den Papierkorb schmeißend, blickte er verstohlen hinaus in die grauschleierige Sonne. Dichter wollte er sein, doch was war er nun? Werbetexter. Nicht, dass das etwas Schlimmes oder Schlechteres wäre, nur eben nicht das, was er wollte. Und ganz offenbar auch nicht das, was er konnte. Denn wer kauft schon klebrige Kaugummis, die keine Krimis mögen, zumal, wenn sie noch nicht einmal mit g gucken, sondern mit k kucken? Er ging herunter, gedankenlos Gedanken suchend, fluchend, in der Hoffnung, dort draußen ein Genie zu finden, oder wenigstens ein bisschen Wahnsinn, der ihn selbst zum Genie inspirieren würde. Aus dem ihn stattdessen erwartenden Blickkontakt mit unkreativen Kreaturen riss ihn ein Geräusch heraus. Nur welches?

Spannungsbogen verloren in mangelnden Worten oder mangelnder Fantasie, zu lauten Orten oder zu viel Poesie. Zudem der Computer lahmt, doch der Geist eilt voran, und der Mensch steht dazwischen und beide er nicht mehr erreichen kann. Tapfer kämpfte sich dennoch der Autor der Geschichte des Dichters durch seinen Speicher möglicher in die Geschichte an dieser Stelle einbaufähiger Geräusche. Seine Katze erwies sich letztlich kreativer als er und sagte: „Miau.“ So einfach ist es also, wenn man nicht so kompliziert denkt. „Miau“, sagte es also auch in der Geschichte. Dennoch war hier Schluss, denn weder Schrecklich noch Kitsch sollten in der Geschichte mitspielen, es waren aber leider die einzigen beiden, die sich dafür anboten.

Regenwald in die Papiermülltonne werfend, starrte er aus dem grauschleierigen Fenster. Gedankenlosigkeit klingelte an der Tür, mitgebracht hatte sie Genie und Wahnsinn, die einen Spannungsbogen auf dem Boden hinter sich her zerrten. Der Computer lief los, der Geist blieb stehen, um sich das Ganze anzusehen. Die Katze kaute Kaugummi, Geräusche hielten Blickkontakt. Der Dichter krabbelte aus der Papiermülltonne, klappte das Fenster zu und zog den Grauschleier hoch, denn dort standen Schrecklich und Kitsch, die guckten herein. Der Spannungsbogen erhob sich vom Boden und schaltete die Werbung an. Genie und Wahnsinn übten sich laut in Poesie, fantastische Worte tapfer fluchend suchend. „Fortsetzung folgt?“, fragte sich der Autor, dem Regenwald nachstarrend, wie sich dieser mit dem Papierkorb in die grauschleierige Sonne flüchtete.

Vor diesem Anblick zog nun der Autor den Hut und suchte sich seinerseits seinen Weg hinaus, zum Abschied kurz in die Runde rufend: „Miau.“ Verständnislosigkeit blickte ihm aus aller Augen nach, die Katze rief aus Kaugummiblasen: „Was sagst du?“, doch schnell sammelten sie ihre Gesprächsfetzen wieder ein und knüpften neue an. Der Grauschleier kam aus der Dusche, bekleidet mit dem geworfenen Handtuch des Autors, während Computer und Geist im Fenster Kaffee kochten. Dort draußen immer noch stehend und guckend, versuchten Schrecklich und Kitsch, den vorbeieilenden Autor aufzuhalten, denn sie warteten ja immer noch auf ihren Auftritt in der Geschichte des Dichters. Der Autor jedoch war unbeirrbar, schließlich eilte er nicht umsonst, sondern seinem letzten Drahtseil hinterher, das bereits in weiter Ferne sich durch einen Gullideckel fortzuschlängeln suchte. Verständnislosigkeit rief in Gestalt des Dichters von drinnen: „Aber das schaffen wir doch ohne ihn, lasst ihn ruhig gehen!“ Stimmt auch wieder, dachten sich die beiden, kletterten durch das Fenster am Kaffee vorbei und gesellten sich in die Runde.

Unterdessen setzte der Autor zum Schlusssprung an, griff sein Drahtseil bei den Füßen und hielt es so in letzter Sekunde vor dem Entkommen zurück. Gerade wiedervereint, entschlossen sich die beiden, lieber nicht zurückzugehen, sondern Gedankenlosigkeit und ihre Freunde sich selbst und ihnen allen das Feld zu überlassen.

Tatsächlich begannen Schrecklich und Kitsch, sich schrecklich zu streiten, wer von ihnen denn nun die Rolle bekommen sollte. Daraufhin nahm der Dichter sie beide, wickelte sie in ein paar Gesprächsfetzen und stopfte sie in die Mülltonne. Inzwischen war auch der Kaffee ausgetrunken, der Geist wurde rastlos und der Computer hinkte wieder einmal hinterher. Sich damit nicht abgeben wollend, zerrten Genie und Wahnsinn den sich an Werbetexte klammernden Spannungsbogen zum Fenster hinaus. So verlassen, erkannte der Grauschleier, dass das Handtuch rein gar nicht zu ihm passte, und warf es auf den Boden, auf dem Gedankenlosigkeit verständnislos entlangrobbte, selbst ebenfalls gen Fenster den Ausgang suchend.

Der Dichter blickte zur Katze und fragte: „Und wie geht es nun weiter?“

„Miau“, sagte diese.


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